Freitag, 5. August 2011

Typisch Schwedisch

Nach fast einjährigem Aufenthalt werde ich oft gefragt, na was ist denn nun typisch schwedisch? Keine einfache Frage, es reicht ja schon wenn man sich fragt: was ist typisch deutsch? Es gibt wenig eindeutige Antworten, dennoch sind mir ein paar Dinge aufgefallen die ich hier in loser Abfolge wiedergeben möchte. Einiges ist erstaunlich und beneidenswert, anderes vielleicht befremdlich und vor allem: alles ist subjektiv.

  • ·     Beim Einkaufen werden die Waren so auf das Band gelegt, dass der Kassierer die Strichcodes leicht scannen kann – nur deutsche Touristen bauen Türme.
  •  ·    Geschlechtsverkehr mit Tieren ist solange erlaubt bis sich das Tier beschwert. Dieses Gesetz ist wohl schon sehr alt und kommt wahrscheinlich aus dem dünnbesiedelten Norden
  •       Das Einkommen aller Bürger kann problemlos nachgelesen werden.
  •       Aufs Steak gibt’s Apfelmus
  •       Auf die Pizza gibt’s Bananen und Erdnüsse, das ist wirklich lecker!
  •       Zu Fleischbällchen gibt’s Marmelade
  •       Und diese Fleischbällchen werden Schöttbülla gesprochen – ohne „K“
  •       Surströmming, verfaulter Stinkefisch gilt als Delikatesse. Ich hab ihn einmal gerochen, das reicht!
  •       Das Handy am Steuer ist erlaubt, Geschwindigkeitsübertretungen sind dafür sehr teuer, genauso wie Fahren unter Alkoholeinfluss
  •       Ja, Alkohol ist teuer (eine 0,7l Flasche Jägermeister: 9 Euro in Deutschland, 27 Euro in Schweden) 
  •       Im Supermarkt gibt es nur Bier bis 3,5% 
  •       Es wird weit unter europäischem Durchschnitt geraucht
  •       Dafür wird „gesnust“, hierbei werden kleine kautabakähnliche Päckchen unter die Oberlippe geschoben. Halloooooo Nikotin!
  •       Man kann und muss oft Nummern ziehen. Am Fleischer, am Bäcker, am Bahnschalter, an der Info der Uni…noch nicht an den Toiletten…noch.
  •       Man wartet gern in Schlangen, zumindest wird es nicht als schlimm empfunden, kein Grund sich aufzuregen.
  •       Regeln sind Regeln und die werden für nichts und niemanden gebeugt.
  •       Pünktlichkeit wird größer geschrieben als in Deutschland.
  •      Geflucht wird auf den Teufel und nicht auf Fäkalien, hat was unschuldiges.
  •      Statt Tatort läuft sonntags ein Wallanderkrimi.
  •       Thailand kann als späte Kolonie angesehen werden, ungefähr 99% aller Schweden waren schon da.
  •       Beim ersten frühlingshaften Sonnenstrahl sind sofort alle draußen und sonnen sich (gern auch im Bikini bei 10°C)
  •       TV und Kinofilme werden nicht synchronisiert, fast alles läuft auf Englisch mit schwedischem Untertitel
  •       Friseure verdienen mehr als Lehrer
  •       Große Sportarten sind Eishockey, Hallenhockey (Innebandy), Handball und Fußball
  •       In Schweden geht man nicht auf „Dates“
  •       Es wird viel Süßes gegessen, übergewichtig sind trotzdem nur wenige
  •       Gehetzt wird bei der Arbeit nicht, wieso auch? Die läuft ja nicht weg.
  •       Würste schmecken nach Sägespähnen.
  •       Schweden sind anfänglich sehr zurückhaltend aber freundlich.
  •       Schweden sind oft sehr praktisch veranlagt.
  •       Sie lieben das Reisen.
  •       Schweden lieben Kaffee und den kann man sich fast immer nachfüllen bis man nicht mehr still sitzen kann.
  •       Schweden sind entspannt.

Viele kleine Unterschiede aus dem alltäglichen Leben habe ich sicher schon wieder vergessen, ich hoffe ein kleiner Eindruck ist trotzdem entstanden.

Auf allen vieren

Nur sechs Monate und unzählige so-fühlen-sich-also-alte-Menschen-Momente später, wurde mein Ski-Week-gebeuteltes Knie wieder gerichtet. Das Ganze war eher amüsant und aufregend als schmerzhaft und unbehaglich. Das erste Mal im Leben eine Narkose – und was da alles für Apparaturen im OP herumstehen, wie was meint der mit „tief einatmen?“ ist doch alles voll spannenddddddddddddd…und schon war der Zauber wieder vorbei. Ich wache auf, bekomme Tee, zwei Krücken, ein paar Schmerztabletten und Trombosespritzen. Ist nicht euer Ernst! Die muss ich mir selbst geben? Niemals! Na ok, vielleicht doch, aber nur unter…stillem Protest. Wer tut sich denn schon gern selbst weh? Dank dieser Erfahrung weiß ich eines genau: ich bin ganz sicher kein Masochist – wie das mit der Berufswahl zusammenhängt kann ich mir aber auch nicht erklären.

Zu Hause angekommen stehe ich schon vor der ersten Hürde, die Treppe. Sicher freue ich mich, dass ich sofort wieder laufen kann und soll, aber bis in den vierten Stock und dabei nur ein Bein belasten? Wenn das mal nicht ein asymmetrisches Hinterteil gibt.

Am nächsten Tag geht es die mühsam gewonnenen Höhenmeter wieder abwärts zur Nachuntersuchung, um genauer zu sein: für einmal Handauflegen des Arztes. Wer weiß, vielleicht war das eine magische Geste und dem ungeschulten Auge entgeht die fließende, heilende Energie die bei dieser einzigen zweisekündigen Berührung übertragen wird. Ihm passt was seine Gabe ihm geflüstert hat und ich kann meinen 90-minütigen Heimweg antreten. Dabei wird mein Entdeckersinn geschult, denn an jedem U-Bahnhof gibt es einen Fahrstuhl oder eine Rolltreppe – man muss sie nur finden. Gut dass ich nicht zusätzlich ein Problem mit den Augen habe, sonst hätte ich im Leben nicht alle gefunden. Auf geraden Strecken macht mir allerdings niemand etwas vor, da geht es immer 1-3-1-3-1-3-1-3 – mit vier Beinen ist man schließlich schneller als mit zweien.

Sonntag, 12. Juni 2011

Der erste Schritt zurück und nach vorn

Vor zwei Tagen habe ich mein Zimmer in Stallvägen 26 verlassen und wohne nun bei einer Freundin die mir ihre Wohnung überlassen hat. Es ist schon erstaunlich was sich in ein paar Monaten so alles ansammelt, zugegeben, überrascht sein sollte ich nicht. Wer zweimal mit prallgefüllten Koffern anreist und dann auch noch dem Shoppingwahnsinn fröhnt, braucht sich über 12 Paar Schuhe 3 Umzugskartons und 3 Koffer nicht wundern. Glücklicherweise fahre ich mit Stefan im Auto zurück nach Deutschland und muss mir deshalb nicht ganz so viele Sorgen machen. Der momentane Plan sieht die Rückführung meiner Person für den 28.6. vor, das natürlich ohne Gewähr.
Die Tage gestalten sich zur Zeit recht ruhig, ein wenig lernen für die letzte Prüfung am Samstag, zusammen kochen und in der Sonne liegen, ich glaube mein Ruhepuls liegt bei 10 Schlägen pro Minute - also immer schön sachte. Die Pläne für den Sommer nehmen auch langsam gestalt an, Ostsee ick komme!
Ich werde mich jetzt an den Grill begeben und das tun was ich nach landläufiger Meinung am besten kann: Feuer machen.

Ha det bra // machts gut

Daniel

Mittwoch, 8. Juni 2011

Alles hat ein Ende nur die Wurst hat zwei

...nach einem gelb-schwarzen Wochenende in der Fußballhauptstadt, wollten wir am Montag Morgen unsere Rückreise nach Schweden antreten. Wir haben uns also brav in die Bahn zum Flughafen gesetzt, waren eine Stunde zu früh da und hatten somit noch Zeit für einen Kaffee. Als es dann langsam Zeit wurde, schlenderten wir gemütlich zur Sicherheitskontrolle, durchschritten diese ohne Beanstandungen (naja abgesehen von der achtköpfigen holländischen Familie vor uns die Bratpfannen und Töpfe im Handgepäck hatten) und machten einen kurzen Abstecher in den Duty-Free-Shop. Gut gelaunt kamen wir in der Halle an, in der man normalerweise ins Flugzeug steigt...keine Schlange...keine Menschen....Andi hat daraufhin den Sicherheitsbeamten gefragt wo wir denn ins Flugzeug einsteigen könnten...der grinst nur völlig unqualifiziert und zeigt auf ein Flugzeug AUF der Startbahn... Weltklasse, wir hatten das Flugzeug um FÜNF Minuten verpasst weil auf den Tickets nicht wie üblich die Zeit abgedruckt ist zu der man das Flugzeug als letztes betreten kann, sondern die Zeit wann das Ding abhebt!!! Danke Ryanair. Mitgefühl war auch von der Dame am Service-Schalter nicht zu erwarten, da wir aber wissen dass es für die meisten Probleme eine Lösung gibt und Panik keine davon ist, hatten wir in kurzer Zeit eine Alternative ausfindig gemacht: mit dem Bus nach Malmö und dann weiter mit dem Zug, eine entspannte 14-stündige Reise.
In Växjö angekommen wurden wir schon von unseren holländischen Freunden Mahjid und Mathijn erwartet. Mit vier Kerlen in meinem beschaulichen Zimmer war es für eine Woche sehr kuschelig aber trotzdem sehr lustig. Das Fazit der Festivalwoche: Schweden sind mit Eifer bei der Sache wenn es um Musik, feuchtfröhliche Heiterkeit und verrückte Spiele geht.

Die letzten zwei Wochen waren von gemischten Gefühlen geprägt. Einerseits bin ich unglaublich froh den Schritt ins Ausland getan zu haben und dankbar für all die neuen Freundschaften und unvergesslichen Momente. Andererseits heisst es jetzt „Auf wiedersehen“ sagen, sich von Menschen verabschieden die ich wahnsinnig schnell in mein Herz geschlossen habe und zu verstehen, dass dieses Jahr bald ein Ende findet.
Das Maß an Traurigkeit zeigt mir allerdings auch, wie sehr ich die Zeit hier genossen habe, also ist auch das irgendwie was Gutes, auch wenn es sich im Moment nicht so anfühlt...
Nächste Woche werde ich aus meiner Wohnung ausziehen und das Zimmer einer Freundin hüten. Sowieso sind nur noch wenige Leute hier auf dem Campus, es ist sehr ruhig geworden, das gibt mir ein wenig die Möglichkeit nochmal alles Revue passieren zu lassen.
Im Moment plane ich meine Rückkehr für die letzte Juniwoche, vielleicht auch erste Juliwoche, je nach dem welche Möglichkeiten sich für die Fahrt bieten denn ein Umzug mit 20.000 kg Gepäck muss gut durchdacht sein.

Ich gehe jetzt erstmal Picknicken im schwedischen Sonnenschein,

machts gut,
euer Daniel

Samstag, 14. Mai 2011

Meisterlich!

nach einem kurzen und sanften flug sind andi und ich nun bei mike in castrop angekommen. heute geht es kurz zum fruehstueck nach essen zu mathias und mela und danach in die fussballhauptstadt. ich bin schon recht gespannt was in den naechsten 48 stunden passieren wird, zur meisterfeier am sonntag werden ca. 1,5 millionen menschen erwartet. dass heisst, jeder 80.te deutsche ist dortmundfan-gut so.also dann, habt ein ebenso schoenes wochenende, euer daniel

Dienstag, 10. Mai 2011

Frühling, Tanz und Traditionen

Zu Ostern gab es Besuch aus Deutschland, Mike und Juliane wollten sehen was sich aufm dem Campus seid ihrer Abreise im Januar getan hat. Mit im Gepäck waren Alf und Dominik aus Castrop. Pünktlich zu diesem Anlass zeigte sich das Wetter von seiner besten Seite, über 25°C im Schatten, blauer Himmel, Sonnenbrand.





Am Ostersamstag veranstalteten die schwedischen Mädels ein traditionelles Osteressen. Hier gab es Hering in allen erdenklichen Varianten, Osterschinken, Eier, gebackene Kartoffeln, Salate und natürlich Köttbullar (und ja man spricht es : Schöttbüllaaaa) und das ganze selbstverständlich unter freiem Himmel.
Neben gemütlichen Nickerchen in der Sonne oder einem kleinen Tänzchen zur passenden Sommermusik, haben wir Kubb und Croquet gespielt. Alles in allem ein perfekter Ostersamstag, auch wenn es das erste Ostern ohne Familie war. Den Ostersonntag verbrachten wir ganz gemütlich am See mit einem abschliessenden Lagerfeuer am Abend.
Am Montag verabschiedeten wir uns in dem Wissen dass wir uns zur Meisterfeier in Dortmund wiedersehen würden. (denn da fliegen Andi und ich am Freitag hin – heja BVB).
Die restliche Woche musste ich (leider) dem Schreiben von Hausarbeiten und aufarbeiten von Mathevorlesungen widmen, denn am Freitag (29.4.) landete Tüte auf dem beschaulich schönen Växjö-Airport. Auch dieses Wochende wurde von nicht einer einzigen Wolke getrübt und hatte es ordentlich in sich. Was bei uns Christi Himmelfahrt ist, ist in Schweden der „Valborg“tag (Walpurgisnacht/Tanz in den Mai). Von diesem Ereignis hatte ich nur entfernt gehört, wusste aber, dass wir uns unbedingt in die Universitätsstadt Lund begeben mussten um einen besseren Eindruck zu bekommen.

So ging es also am Samstagmorgen um 10.00 Uhr, noch ziemlich „müde“, Richtigung Lund. Im Stadtpark angekommen bot sich ein interessantes Schauspiel. Zeitungsberichten zufolge hatten sich hier 25.000 Menschen versammelt, Decken ausgebreitet, Weinflaschen geöffnet und feierten sich und die Welt. Angeheizt wurde die Masse von einer exclusiven Auswahl von internationalen DJ's und drückendem Bass. Da die Mehrheit schon seit 9.00 Uhr im Park vor sich hin zelebrierte, war die Stimmung dementsprechend ausgelassen – überschwappende Heiterkeit, die ein wenig an Woodstock erinnerte – großartig!
Ich denke dieses Ereingnis wird mir noch lange in Erinnerung bleiben und ist auf jedenfall einen Besuch (vielleicht schon im nächsten Jahr) wert. Ich bin fest überzeugt, dass auch Tüte jetzt einen kleinen Eindruck von „meinem“ Schweden hat und ein wenig mehr versteht wieso ich mich hier so wohl fühle.

Wieder einmal war es an der Zeit drei Tage die Schulbank zu drücken, zu lernen und zu schreiben um Freizeit für den nächsten Höhepunkt zu schaffen: Gotland.

Gotland ist die größte Insel vor Schweden mit einer atemberaubenden Küste, vielfältiger Vegetation und einer der am besten erhalten Mittelalterstädte der ganzen Welt, Visby.
Wir fuhren mit dem Bus von Växjö nach Oskarshamn und dann mit der Fähre drei Stunden nach Gotland. Unsere Unterbringung hätte besser nicht sein können: in 6 Personen Bungalows (wir waren nur 2 in unserem) mit Topausstattung und Meerblick ließ es sich ein paar Tage aushalten. Am Samstag fuhren wir auf die nördlich vorgelagerte Insel Fårö zur dortigen Kalksteinküste. Hier gab es die berühmten Raukar (Kalksteinsäulen) zu sehen, eine Landschaft die teilweise an den Mond und teilweise ans Mittelmeer erinnert, aber zu keiner Zeit bekommt man den Eindruck im Norden Europas zu sein.
Wie so üblich in den letzten Wochen war uns Petrus gnädig und bescherte uns Sonne satt. Ich denke die Bilder sagen hier mehr als ich in Worte fassen kann.
Am Sonntag erkundeten wir die Mittelaltermetropole Visby. Visby bekannt als ehemalige Hansestadt und Handelshochburg ist eine der wenigen Städte mit einer fast vollständigen Stadtmauer, mehr als 15 Wachtürmen und über 20 Kirchen und deren Ruinen im Umkreis.
Das Mittelalter wird förmlich spürbar, die kleinen gewundenen Gassen unterstreichen diesen Eindruck, herrlich geheimnisvoll.










Ich kann ohne zu zögern behaupten, Gotland ist definiv eine Reise wert und sollte auf keiner Schwedentour fehlen.

Heute Abend kommt mein Teilzeitmitbewohner Andi wieder in Växjö an und wie sonst auch stehen wieder viele tolle Dinge auf dem Plan. Freitag geht’s nach Dortmund zur Meisterfeier und ab Montag herrscht Ausnahmezustand auf dem Campus, es ist Festivalwoche. Uni gibt’s in der Zeit nicht, dafür jede Menge Spiel und Spaß so zum Beispiel: Weinbrennball (vielleicht erinnert sich jemand an Brennball in der Schulzeit), eine Seifenolympiade, ein Fußballtunier, Konzerte und tausend andere Aktivitäten. Zudem ist auch Mathijn vom letzten Semester aus Holland zu Gast und freut sich den Campus wieder zu sehen. Ich bin gespannt auf die Dinge die da kommen mögen.

Gehabt euch wohl,

euer Daniel

Mittwoch, 20. April 2011

Neues vom Halbschweden

Sollten sich einige unter euch fragen wieso ich schon so lange nichts mehr geschrieben habe, so habe ich nicht unbedingt viele Antworten darauf parat. Fest steht allerdings, dass es mir hier immernoch großartig geht.

Vor einigen Wochen fand mein Kurs: Intensivprogramm der Europäischen Union zur Integration durch Bildung“ statt.
Für zwei Wochen waren Gaststudenten aus Polen, Belgien, Österreich und Deutschland zu Gast bei uns um über verschiedene Aspekte des Themas zu diskutieren, Expertenvorträge zu hören und am Ende einen Bericht mit Empfehlungen für die EU zu verfassen. An den ersten zwei Tagen des Projekts wurden Vorträge über die derzeitige Situation in den jeweiligen Ländern gehalten, das war zwar bei einer Länge von 3 Stunden pro Vortrag und Land etwas anstrengend, aber letztendlich doch sehr spannend da sehr gut aufbereitet. In den folgenden Tagen wechselten sich Gruppenarbeit und Ausflüge ab, schliesslich sollten die Gäste einen kleinen Eindruck von Växjö und Schweden bekommen. So organisierte unser Professor Thomas (richtig, wir sprechen ihn mit dem Vornamen an) Ausflüge in die Küstenstadt Kalmar, auf die Insel Öland, in die Glasbläsereien der Firma Kosta Boda und natürlich in einen Elchpark. Die zwei Wochen vergingen wie im Flug, Freundschaften wurden geschlossen, es wurde viel gearbeitet und auch gefeiert. Alles in allem waren es 14 aufregende und erkenntnisreiche Tage die mit der Übergabe der Teilnehmerzertifikate im Schloss endeten und die Einsicht verstärkten, dass lernen über Ländergrenzen hinweg sehr fruchtbar, spannend und spaßig ist.

Nach soviel intensivem Lernen kam mir eine Abwechslung gerade recht – Robert wagte die Reise in den hohen Norden.
Alle die jetzt detaillierte Geschichten dieser legendären Woche erwarten, muss ich leider enttäuschen. Es sei nur soviel gesagt: Vielleicht erzähle ich die Geschehnisse mal meinen Enkeln, aber niemals meinen Kindern ;)

Vor drei Wochen stand ein weiteres Highlight auf dem Plan. Ein kurzer Besuch meinerseits im Ruhrpott. Am ersten April stieg ich bei 8°C in Växjö in ein spielzeugähnliches Flugzeug von Ryanair um mich für 10 Euro (!!!) von Schweden nach Düsseldorf bringen zu lassen.
Nach meiner Landung war ich mir nicht ganz sicher ob der Pilot das richtige Land angeflogen hatte, 25° C und Sonnenschein – was war denn bitte in Deutschland los? Nach nur drei Stunden und der Einsicht, dass der Flughafen Düsseldorf/Weeze näher an Holland als an Düsseldorf liegt, erreichte ich Dortmund und wurde von Andreas in Empfang genommen. Den Abend verbrachten wir bei und mit Mike und seinen Freunden in Castrop. Es ist immer wieder schön soviel Herzlichkeit und Gastfreundschaft zu erfahren und zu sehen, dass der Ost/Westkonflikt in unserer Generation endlich überwunden und nicht mehr spürbar ist.
Am Samstag morgen ging es dann frühstmöglich von Castrop nach Dortmund und niemand ahnte wie großartig dieser Tag noch werden würde. Die Tickets für das Spiel Dortmund/Hannover in der Tasche, Trikots und Schals angelegt, die Stimme geölt, so ging es los Richtung Westfalenstadion. Die Dortmunder Innenstadt färbte sich zusehends von Minute zu Minute mehr schwarzgelb, erste Gesänge waren zu hören. Im Stadion angekommen, war die Kulisse wie immer überwältigend und ich bekomme schon wieder Gänsehaut wenn ich daran denke. Mit über 80.000 Zuschauern war das schönste und lauteste Stadion Deutschlands ausverkauft. Diesmal hatten wir Tickets für die Nordtribüne erstanden um die legendäre Südtribüne einmal von vorn zu sehen, einfach unglaublich.
Belohnt wurde unsere gesanglicher Einsatz mit einem überragenden 4:1 Sieg und der stärker werdenden Hoffnung auf den Meistertitel.
Am Abend fuhren Andreas und ich nach Essen um Tüte und Mela zu besuchen. Ein sehr schöner Abend...eine Welt ohne Freunde wäre wohl nicht halb so toll.
Montag Morgen verabschiedeten Andreas und ich uns in Essen, um uns dann Abends in Växjö wiederzusehen. Naja, mit 50 Kilogramm Gepäck wäre das Fliegen wohl etwas teuer für ihn geworden.
Andis zweiwöchiger Besuch verging auch schonwieder viel zu schnell und beinhaltete eine Menge Schabernak und Gaudi. Der Höhepunkt war wohl unsere gemeinsame Reise auf der Fähre nach Tallinn mit 2000 anderen Austauschstudenten. Tallinn selbst war diesmal noch viel atmosphärischer als beim letzten Besuch, was nicht zuletzt dem Kaiserwetter geschuldet war. Ich glaube man sollte viel öfter Urlaub in Osteuropa machen, die Planungen laufen jedenfalls schon.
Am Montag Morgen habe ich Andi zum Bahnhof gebracht, mit der bitteren Einsicht, dass auch ich in nicht allzu ferner Zukunft von diesen Gleisen zurück nach Deutschland fahren und einen eindrucksvollen Lebensabschnitt beendet haben werde.
Doch für solche Gedanken ist im Moment kein Platz, es ist Frühling in Växjö! Allerorts wird gegrillt, sich gesonnt und KUBB gespielt. Es scheint, als wäre das Campusleben neu erwacht – pünktlich zu Ostern.
Am Osterwochenende sind Mike und seine Freunde zu Besuch, meine Vorfreude ist riesig und ich bin gespannt was wir alles unternehmen werden...

In diesem Sinne, habt schöne Ostern, geniesst die Sonne und lasst die Seele baumeln.

Euer Daniel


PS: neue Bilder gibt es auch.

Dienstag, 1. Februar 2011

Gesundes neues Jahr!

Nun bin ich schon wieder seit über zwei Wochen in Växjö und vieles hat sich getan.
Das neue Semester startete mit einem überragenden Besuch der Handball WM in Lund. Zu sehen waren die Spiele Deutschland : Ägypten sowie Algerien : Serbien.
Nach einer kurzen Zugfahrt ins nahegelegene Lund bezogen wir Quatier im „Train Hostel“, der Name allein hätte uns im Vorfeld schon stutzig machen sollen, hat er aber nicht. Deshalb waren wir mehr oder weniger überrascht, dass sich die angepriesenen Doppel-/Dreipersonenzimmer als Schlafabteile mit Etagenbetten eines ausgedienten Zuges heraus stellten. Geräumig ist was anderes, aber egal wir waren schliesslich nicht zum schlafen in Lund. Also schnell umziehen, mit Deutschlandfanartikeln behängen, schminken und ab zur Halle.
Die, in weiser Voraussicht schon im Herbst gekauften, Karten stellten sich als noch exklusiver als erwartet heraus. Erste Reihe – direkt am Spielfeldrand – hinter der deutschen Bank, Handballherz was willst du mehr !?! Das Spiel verlief sehr positiv für das deutsche Team und dementsprechend gab es viel Anlass zu jubeln, was uns die Aufmerksamkeit des Kameramanns sicherte und uns mehrere Auftritte in der Live-Übertragung, in der Tagesschau und im Heute-Journal bescherte...jetzt warte ich nur noch auf den Anruf aus Hollywood.

Am 22.1. begann ein neues großes Abenteuer, ich gedenke Skifahren zu lernen. Um diesen lang gehegten Wunsch endlich in die Tat umsetzen zu können, geht es mit einer kunterbunten Reisetruppe ins 12 Busstunden entfernte Vemdalen. Die nächtliche Busfahrt verlief ohne besondere Ereignisse, bis auf die Erkenntnis, dass auch zwei riesige Reisebusse nachts um vier auf einer 1,5 Meter breiten verschneiten Straße aneinander vorbei passen und der Busfahrer nicht mal mit der Wimper zuckt.
Um 9.00 Uhr in Vemdalen angekommen, wurden wir von strahlend blauem Himmel und angenehmen 0°C begrüßt. Da unsere Ferienwohnungen erst am Nachmittag bezugsfertig waren, stellten wir die Koffer ab, schnallten die vorher ausgeliehenen Skier unter und ab gings auf die Piste...Was nun?
Glücklicherweise waren nicht alle Mitreisenden blutige Anfänger und so bekam ich ein paar hilfreiche Tipps und Übungsaufgaben gezeigt, und JA ein fünf Meter hoher Hügel kann unter Umständen zu einem erhöhten Adrenalinausstoss führen. Nach einigen Übungsabfahrten auf dem Kinderhügel, auf dem ich regelmäßig von 1 Meter großen Zwergen mit einer affenartigen Geschwindigkeit überholt wurde, traute ich mich auf den nächst höheren Berg. Nachdem ich auch diesen mehrmals meisterlich ohne größere Stürze bewältigt hatte, versuchte ich mich an der ersten grünen Piste. (Geübte Skifahrer werden an dieser Stelle gähnen und für alle anderen: das ist fast Lichtgeschwindigkeit!).
Gegen 16.00 Uhr endete mein erster Tag auf der Piste mit einer leichten Ahnung wie unglaublich toll Wintersport ist...und einem Wahnsinnshunger. Bloß gut, dass wir endlich die Wohnungen beziehen konnten. Diese übertrafen alle Erwartungen, gewohnt wurde zu acht in je vier Zimmern, mit zwei Badezimmern, einem großen Wohnzimmer (mit riiiiesigem TV), einer Küche (mit Geschirrspüler – yippie!) und einer eigenen Sauna! Es wurde also zum Ritual, nach einem langen Tag auf den verschneiten Hängen glücklich in der Sauna zu schwitzen und sich dann todesmutig in den Schnee zu stürzen.
Da im Norden Schwedens Lebensmittel sehr teuer sind (1 kg Hähnchen 17 Euro), hatten wir ordentlich vorgesorgt und kochten sehr sehr abwechslungsreich Nudeln, Reis, Nudeln, Reis, Nudeln, Nudeln, Reis....
Die folgenden Tage hielten immer neue kleine Erfolgserlebnisse bereit, die die Rückschläge – rote Pisten sind einfach unmenschlich steil, aua – bei weitem aufwogen.
Nach fünf eindrucksvollen aber auch erschöpfenden Tagen verliessen wir Vemdalen am Abend des 27.1. mit der Gewissheit: Ski foahn is a riesn Gaudi!
Am Samstag, den 29.1., wurde das Welcome Dinner des neuen Semesters veranstaltet. Auch wenn in diesem Halbjahr nicht mehr ganz so viele Deutsche auf dem Campus anzutreffen sind, ist es doch eine Selbstverständlichkeit eine kurze Darbietung für die anderen Studis aufzuführen. Mit den tollen Erinnerungen an das letzte Welcome Dinner und einer Gruppe motivierter Komplizen wurde geprobt, getanzt und getüftelt. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen: 30 Sekunden Einleitung mit „Freude schöner Götterfunken“, Tanzbespaßung mit „dem roten Pferd“, Nostalgie mit Nenas 99 Luftballons und Discopogo als Abschluss...soweit der Plan. Um die Einleitung noch eindrucksvoller zu gestalten fanden sich übriggebliebene Gold- und Silberfontänen von Silvester, auch das klang zunächst nicht schlecht. Doch als wir dann bei gedimmten Licht die Fontänen passend zu Musik entzündeten wurde schnell allen klar worüber niemand vorher nachgedacht hat: die Dinger mach Rauch! Nach nur 15 Sekunden gesellte sich also der Feueralarm zur Musik und die Aufführung war beendet. 10 Minuten später war dann auch die örtliche Feuerwehr da um den Alarm abzuschalten. Irgendwie legendär, aber irgendwie auch dämlich. Wir warten auf die Rechnung...

Sollte sich jetzt der ein oder andere fragen...ja, ich gehe auch noch zur Uni. Momentan besuche ich den zweiten Teil meines Schwedischkurses, das Niveau ist allerdings gestiegen, mal sehen wohin die Reise führt. Mein anderer aktueller Kurs beschäftigt sich im Rahmen eines EU-Programms mit der Integrationsproblematik, hier bekommen „wir Schweden“ in drei Wochen Besuch aus Deutschland, Belgien, Polen und Österreich um uns auszutauschen.
Am kommenden Samstag fliegt Wilfred zurück nach Uganda. Dann hab ich zwar endlich meine eigene Wohnung, fehlen wird er mir aber trotzdem. Er geht allerdings mit dem Wissen einen neuen Freund gefunden zu haben und nur das zählt.

Ich hoffe euch geht es allen gut,
bis bald

//Daniel


PS: nebenan gibt es ein paar neue Bilder 

Dienstag, 11. Januar 2011

Tillbaka - Zurück

Mit 50 Kilo Gepäck und nach 15 Stunden Fahrt bin ich wieder gut angekommen und es fühlt sich noch verrückter an als die Heimreise nach Deutschland. Aber schon jetzt liegt eine knisternde Spannung in der Luft, die Vorfreude auf ein unglaubliches Semester.
Danke an alle die ich in den letzten Wochen gesehen habe, es war eine wirklich schöne Zeit.
Aktuell vergebe ich Besuchstermine für die Zeit ab Mitte März bis Mitte Juni.

gehabt euch wohl,
Daniel

Freitag, 24. Dezember 2010

Heimat

Ich sitze gerade auf der Fähre von Trelleborg nach Rostock und freue mich nach 4 Monaten und drei Tagen wieder nach Hause zu kommen. Und genau hier beginne ich mich zu fragen, wo ist denn eigentlich mein „zu Hause“? Ich kann mir diese Frage gar nicht richtig beantworten. Ist es in Eberswalde bei meiner Familie? Ist es in Potsdam wo meine Freunde und meine Heimatuni sind? Oder ist es mittlerweile auch ein Stück im idyllischen Växjö, wo ich viele tolle Menschen kennen gelernt und Erfahrungen gemacht habe? 
Ich glaube, an der Redewendung „zu Hause ist da wo du dich wohl fühlst“ ist eine Menge dran. Ich bin mir auch sicher, dass ich in den nächsten Jahrzehnten noch viele Orte mein zu Hause nennen werde. Jetzt aber genug des fernweh- und heimweh geschwängertem Geschwafels, die Entscheidung für einige Zeit ins Ausland zu gehen kann ich ohne zu zögern als eine der besten meines Lebens verbuchen. Ich bestell mir noch einen Kaffee, dann legen wir an und nach weniger als 300 km ist endlich Weihnachten.

Gehabt euch wohl
Daniel

Donnerstag, 16. Dezember 2010

Advent, Advent, die Zeit verrennt...

Jetzt ist es nicht mal mehr eine Woche und das heimatliche Deutschland hat mich für ein paar Tage wieder. Zugegeben, ich freue mich schon sehr aber andererseits heißt es derzeit auch Abschied nehmen. Abschied von Freunden die mir in den letzten Monaten ans Herz gewachsen sind (ich denke da im Speziellen an jemanden aus Castrop ;). Sicherlich sieht man sich irgendwann wieder und viele haben sich auch schon als Besuch im Frühjahr angekündigt, trotzdem geht ein tolles Semester zu Ende – das fühlt sich recht unwirklich an.


Pünktlich zum 1. Advent waren wir bei ein paar schwedischen Freunden zum Backen eingeladen. Nach einem gemeinsamen Einkauf und einem Heimweg durch einen Schneesturm wurde Teig geknetet, Schokolade geschmolzen, Zucker karamelisiert und Glögg erhitzt. Glögg ist wie gesagt der schwedische Glühwein. Das Zeug ist unglaublich süß und wird mit Mandeln und Rosinen getrunken. Nach ca. 1,5 Stunden war das Werk vollbracht und der Tisch bog sich unter den Massen die wir im Überschwang gebacken hatten. Es gab Kanelbullar (Zimtschnecken), Lussekatter (Saffranhefegebäck), Negerbullar (Schokoladenbällchen und JA die heissen so), Knäck (Karamelkrokant und gut zum Zähne abbrechen) und Weihnachtssterne deren Namen ich vergessen habe.
Völlig überzuckert und ein wenig überglöggt gings dann zu 23.30 Uhr glücklich und weihnachtlich eingestimmt nach Hause.

Am Wochenende des 2. Advents war ein großer Teil der Familie Kirsten zu Gast. Und da ich den Touristen ja ein wenig was zeigen wollte, haben wir ein Weihnachtskonzert in der Kirche besucht. Abwechselnd waren die Pastorin und der Chor an der Reihe, ich denke auch dieser Nachmittag kann als traditioneller Adventssonntag eingestuft werden.

Am 13. Dezember wird in Schweden das Luciafest gefeiert. Einerseits wird die heilige Lucia geehrt und andererseits die Wintersonnenwende gefeiert. Das ist auch einer der wenigen Tage des Jahres an dem die Kirchen in ganz Schweden voll sind. Sogar so voll, dass wir beispielsweise 45 Minuten bei -15°C warten mussten um eine der vier Vorstellungen zu sehen. Gelohnt hat es sich aber und so sah es aus: Lucia in Växjö - Video

Hach ja, wenn da keine Weihnachtstimmung aufkommt.

Gestern war ich beim Eishockey der örtlichen Mannschaft und bin schwer begeistert. Die Växjö Lakers sind momentan auf dem ersten Platz der 2. Liga und haben gestern 3:1 gewonnen, da macht es natürlich doppelt Spaß im Fanblock zu stehen.

In sechs Tagen geh ich also auf große Fahrt. Ich treffe mich mit Johannes in Trelleborg, dann geht’s mit der Fähre nach Sassnitz und dann nach Eberswalde. Ich hoffe, dass der deutsche Winterdienst gute Arbeit leistet und alles (nicht) glatt geht.
Da das wahrscheinlich mein letzter Eintrag vor Weihnachten ist, wünsche ich allen eine frohe Weihnacht (God Jul) und ein gesundes neues Jahr.

Euer Daniel

PS: Bilder gibts wie immer in der Gallerie

Donnerstag, 25. November 2010

Wetter Wetter Wetter

Um auch mal einen kleinen Einblick in die atmosphärischen Lebensumstände zu geben folgt nun ein kleiner Wettervergleich zwischen Växjö und Berlin. Anlass dazu gab der morgendliche Blick aus dem Fenster...

Seit gestern schneit es in Växjö und das nicht wenig. Nachdem in den letzten Tagen die Temperaturen auf erfrischende -3°C (Berlin: 2 °C) gefallen sind und die Vorhersagen nichts gutes erahnen lassen (Samstag -10°C und nächste Woche Freitag -18°C, Berlin dagegen -4°C), bleibt die weisse Pracht auch erstmal liegen. Ein prüfender Blick heute morgen ergab eine Neuschneedecke von mindestens 30 cm und wenn das erst der Anfang des Winters ist, dann wird es höchste Zeit sich ein paar Schlittenhunde zu kaufen.
Dunkel wird es heute um 15.32 Uhr (Berlin: 16.01 Uhr) bei einer Sonnenaufgangszeit um 8.02 Uhr (Berlin: 7.43 Uhr).
Der wackere Schwede ist allerdings bestens auf solche Bedingungen eingestellt, die Straßen und Gehwege sind perfekt geräumt, nirgends ist von einem "Schneechaos" zu hören wie man das aus Deutschland kennt, wenn überraschenderweise im Dezember 5 cm Schnee fallen.
Somit ist am Wochenende dann Schneemann bauen und rodeln angesagt, denn irgendwie muss ich den Wilfred ja auch von seiner Schneeangst befreien...

gehabt euch wohl

Daniel

Dienstag, 23. November 2010

Was er sonst so macht


Die letzten Wochen waren in vielerlei Hinsicht sehr ereignisreich.
Erstmal möchte ich allen herzlich danken die mir Karten und Briefe schreiben, es ist immer wieder schön wenn ich den Briefkasten öffne und jemand an mich gedacht hat. Besonders habe ich mich über die „Care“-Pakete gefreut, von Socken, zu Süßem, über Senf, zum Schnäppschen. Es war alles dabei und es fühlt sich jedes Mal an wie Weihnachten und steigert die Vorfreude auf die Heimat!
Mittlerweile habe ich auch meinen Schwedischkurs erfolgreich abgeschlossen und bin mit dem Ergebnis zufrieden, jetzt heisst es aber hinaus in die Welt und sprechen sprechen sprechen. Jag prater svenska nu! (Ich spreche jetzt schwedisch :o) )

Am vergangenen Wochenende haben wir den traditionellen Weihnachtsmarkt in Husby besucht. Auf einem ehemaligen Gutsherrenhof konnte allerlei handwerkliches bestaunt und vor allem kulinarisches gekostet werden. Es war eine Mischung aus Mittelaltermarkt und grüner Woche, hungrig ging niemand nach Hause. Es gab Fisch, Käse, Glögg (schwedischer Glühwein), Brot, Senf, Honig, Wurst, Süßes in unzähligen Variationen zu probieren, mal lecker und mal gewöhnungsbedürftig (ich erinner mich da an die Tomatenmarmelade...). Glögg schmeckt wie Glühwein ohne Nelken dafür mit 1 Kilo extra Zucker, wenigstens hat er die gleiche Farbe und wärmt.


Letzte Woche war es dann endlich soweit: Seabattle – oder auch: einmal Tallinn und zurück. Hier nun die leicht zensierte Version:
Abfahrt war um 07.00 Uhr morgens mit dem Bus vom Campus nach Stockholm wo die Fähre auf uns wartete. Mit der guten Absicht es sehr ruhig angehen zu lassen bestieg ich den Bus, kaum 30 Minuten später hatte ich (dank der holländischen Freunde) den ersten Eistee in der Hand. Nur drei Stunden später waren alle im Bus anwesenden Franzosen ordnungsgemäß in Hochstimmung versetzt, an Schlaf war selbst mit Oropax nicht zu denken und die einzige Lösung hiess: mitmachen.
In Stockholm bestiegen dann 2100 feierwütige, öhm ich meine natürlich kulturinteressierte Studenten das Boot nach Tallinn. Glücklicherweise gab es auf der gesamten Reise kaum Seegang der den Spaß hätte trüben können. Die Kabinen waren nicht sonderlich groß, erfüllten aber ihren Zweck.
Am nächsten Morgen erreichten wir Estlands Hauptstadt. Das von nur 400.000 Menschen bewohnte Tallinn versprüht auf den ersten Blick wenig Charme. Kommunistische Ostblockarchitektur, graue Wolken, graue Wände. Hat man sich jedoch in den Stadtkern vorgekämpft wird man durchaus überrascht. Hier findet man eine fast komplett intakte Stadtmauer, enge verwinkelte Gassen und alte Gebäude aus der Hansezeit, eine mittelalterliche Atmosphäre die mit Prag vergleichbar ist. Leider war die Zeit recht knapp bemessen und nach einem kurzen Besuch eines lokalen Supermarktes (um die Eisteevorräte aufzufüllen) hiess es auch schonwieder „Leinen los“.
Die Rückfahrt gestaltete sich ähnlich wie die Hinfahrt mit wenig Schlaf, viel Spaß und einer Menge unvergesslicher Momente....

gehabt euch wohl,
euer Daniel


PS: es gibt mal wieder neue Bilder

Jucheeeeh ich bin ein Schulkind

Im Rahmen meines „Perspectives on Education“ Kurses (also über verschiedene Bildungsperspektiven) durfte ich für eine Woche wieder zur Schule gehen. Endlich bekam ich die Gelegenheit genau die Sachen zu sehen, derentwegen ich in den hohen Norden gereist bin.
Ich wurde von Andreas begrüßt, er ist Mitte 30, hat drei Kinder, ist Deutsch-/Schwedischlehrer und spielt gern Tennis. Das allein ist schon sehr bezeichnend für Schweden und das Bildungssystem im Allgemeinen und diese Schule im Speziellen. Die Lehrer sind hier im Durchschnitt ca. 35 Jahre alt und damit sehr viel jünger als ihre deutschen Kollegen. Auch ist Andreas' Familie mit drei Kindern eher die Regel als die Ausnahme und wieso auch nicht, denkt man sich, schließlich muss die kommende Generation ja die aktuelle finanziell absichern. Also haltet euch alle mal ordentlich ran.
Nach einem kleinen Rundgang durch das Schulgebäude fielen mir einige Dinge auf: auf den Gängen gibt es für jeden Schüler einen Spint für die Sachen und Bücher, die Räume sind alle sehr gut ausgestattet – Beamer, Whiteboard, Computer mit Internetzugang und Lautsprecher um schnell mal ein Video in den Unterricht einfliessen lassen zu können. Der Musikraum würde jedem deutschen Musiklehrer wohl auch Tränen in die Augen treiben angesichts der immensen Anzahl der zur Verfügung stehenden Gitarren, Keyboards, E-Gitarren etc. Auch die Bücher die im Unterricht genutzt werden sind selten älter als 4 Jahre und wie die Schreibblöcke und Stifte (!!!) kostenlos für jeden Schüler. Es gibt viele Sitzecken und Möglichkeiten sich die Pausen zu vertreiben unter anderem eine Computerecke mit zehn Computern, einem riesigen Fernseher und einem Kickertisch. Ausserdem bekommen alle jeden Tag ein kostenloses Mittagessen das eher an ein Hotelbuffet als an eine öde Schulspeisung erinnert, ich halte das grundsätzlich für eine klasse Alternative zum Inhalt deutscher Brotbüchsen.
Die Rahmenbedingungen können also als hervorragend angesehen werden, aber wie sieht denn der Unterricht aus?
In einer Woche Praktikum habe ich 90 Minuten frontalen und lehrerzentrierten Unterricht im Sinne eines Lehrervortrags gesehen, ansonsten herrschen Gruppenarbeit und Einzelarbeit vor. Das ist im Vergleich zu meiner Schulzeit und anderen Praktika unglaublich viel, trotzdem kann und darf das nicht grundlos in den Himmel gelobt werden wie das gern von Experten getan wird. Ich kann einen sehr produktiven anspruchsvollen lehrerzentrierten Unterricht betreiben oder einen schülerzentrierten Unterricht der mehr eine Beschäftigungstherapie ist als irgendjemanden zu fördern. Hier in Schweden habe ich beide Extreme und auch viel dazwischen gesehen und kann im Nachhinein sagen, dass jede Unterrichtsform ihre Daseinsberechtigung und Sinn hat und ein durchdachter Mix wohl die besten Ergebnisse liefert – dazu kann ich aber wahrscheinlich erst in 20 Jahren mehr sagen.
Und bevor jetzt alle angehenden Potsdamer Lehrer einen Ausreiseantrag stellen, gilt es zu bedenken, dass das Einstiegsgehalt (nach dem Referendariat) bei 1500 Euro netto und kurz vor der Rente bei 2500 Euro liegt.
Die allgemeine Atmosphäre in der Schule war angenehm entspannt. Die Lehrer werden mit dem Vornamen angesprochen was entgegen einiger angestaubter Meinungen an deutschen Schule nicht zu einem Respektverlust führt. Man versucht den Schülern eher auf Augenhöhe zu begegnen als sich selbst auf ein Podest zu stellen.
Bei den Fächern selbst gibt es keine großen Unterschiede zu Deutschland, wohl aber bei der Gesamtstruktur der Schule. Das Schulsystem ist nicht dreigliedrig (z.B. Hauptschule, Realschule, Gymnasium), alle gehen nach der Grundschule aufs Gymnasium. Alle heisst in diesem Fall 98%, von denen wiederum 90% später auf die Uni gehen. Eine wirklich beachtliche Zahl, allerdings muss man beachten, dass z.B. auch Polizisten und Krankenschwestern an der Uni ausgebildet werden.
Die Schüler reagierten sehr unterschiedlich auf mich, einige waren sehr zurückhaltend andere dagegen konnten gar nicht genug Fragen stellen. Überraschend war, dass selbst die Schüler der 7. Klassen ein gutes Englisch gesprochen haben das eine problemlose Kommunikation ermöglichte. Zum Abschluss des Praktikums bat mich Lehrer Andreas einen Vortrag in seinen Deutschklassen zu halten. Was genau ich erzähltte war ihm egal, Hauptsache die Schüler haben die Möglichkeit einem Muttersprachler zu zuhören. Ditt war natürlisch pführ misch ohne Dialekt übahaupt keen Probleem. Ich holte mir den Mike noch mit ins Boot, wir sprachen ein wenig über das deutsche Schulsystem, unser eigenes Leben und Hobbys, berühmte Deutsche, den Karneval und und und. Die lieben Kleinen fandens spannend und am Ende waren alle zufrieden. Da eine Woche zu wenig Zeit ist um viel vom schwedischen Schulalltag zu sehen und auch die Deutschlehrer sich immer über Muttersprachler freuen, verabredete ich mit Andreas, dass ich im weiteren Verlauf meines Aufenthaltes beliebig oft zu Besuch kommen kann – klasse!
Kurz, ich bin rundum zufrieden und froh, dass ich diesen Kurs gewählt habe, aber eine Woche lang um 6.00 Uhr aufstehen ist auch genug...

Dienstag, 16. November 2010

bestanden

Schwedischprüfung erfolgreich absolviert, aber keine Zeit sich auszuruhen, es ist 6.30 Uhr und jetzt gehts ab auf eine Kreuzfahrt Växjä-Stockholm-Tallinn (Estland) und zurück.

Bis dann ihr Landratten

Mittwoch, 10. November 2010

momentan...

lerne ich für meine Schwedischprüfung, in den Pausen bastel ich aber an einem neuen Eintrag.
Bis bald ihr lieben

Dienstag, 26. Oktober 2010

drei Tage in der Hauptstadt

Hui,
nachdem ich nun schon einige Zeit nichts mehr von mir hab hören lassen, ist es jetzt wieder soweit.
Allem voran: mir geht’s super und ich bin noch nicht erfroren, auch wenn es letzte Woche zum ersten Mal geschneit hat und es abends schon empfindlich kalt ist.

In den letzten Wochen ist so einiges passiert, die wichtigste Info ist die Bestätigung meiner Verlängerung! Ich bleibe jetzt offiziell bis zum Sommer ein Student der Linnaeus Universtität und werde somit den herrlichen Frühling und den noch schöneren Sommer miterleben. Sicherlich ist das eine lange Zeit fernab der Heimat aber andererseits sind fünf Monate recht knapp bemessen angesichts der vielen Eindrücke, Möglichkeiten und Erfahrungen die ich hier machen kann.
Ab Januar habe ich dann auch eine eigene Wohnung, denn Wilfred würde zwar gern länger bleiben, seine Uni hat aber leider nicht die finanziellen Mittel.

Am letzten Wochenende stand der Ausflug nach Stockholm auf dem Plan. Abfahrt war erfrischender Weise am Freitagmorgen um 8.00 Uhr, was nach einer normalen Donnerstagnacht unglaublich früh ist. Daher waren wir den Mädels von der Organisation zu großem Dank verpflichtet als ab 9.00 Uhr lustige Quizspiele mit Hilfe des buseigenen Lautsprechersystems gespielt wurden. Da ich aber schon die ein oder andere lange Busfahrt erlebt habe, konnte ich dennoch 1-2 Stunden Schlaf erhaschen.
Nach 7 Stunden und einem grandiosen Halt bei Burger King (alle 100 Leute stellen sich artig an, ich GEHE durch den drive in und spare mir die Wartezeit ;o) kommen wir in Stockholm an. Wir werden von einem unglaublich blauen Himmel und einer strahlenden Sonne begrüßt. Unser Hostel liegt auf einer der vielen Inseln der Stadt, teilweise befinden sich die Zimmer auf einem alten Segelschiff. Leider war es nicht möglich alle auf dem Schiff unterzubringen, ich merke es mir für meinen nächsten Besuch.
Nach einer kurzen Verschnaufpause starteten wir zu einer Stadtralley, es galt also bestimmte Orte in der Stadt zu finden und verschiedene Fragen dazu zu beantworten. Eine klasse Methode um eine Stadt für sich zu entdecken. Abends kehrten wir in eine mittelalterliche Schenke ein, überall massive Holztische, verkleidete Kellner und Met vom Fass der zugegebenermaßen wie Spülwasser mit Kohlensäure schmeckte. Und dabei sollte man meinen, dass die Nachfahren der Wikinger wissen sollten wie man vernünftigen Met braut.

Am nächsten Morgen erkundeten wir unter Führung einer Stockholmerin die Stadt. Ein alltägliches Verkehrsmittel ist hier eine Art Minifähre, die ähnlich wie ein Bus regelmäßig unzählige kleine Stationen anfährt. Ein Muss für jeden Touristen, der Blick vom Wasser auf die Stadt ist sehr beeindruckend und für 2 Euro ein echtes Schnäppchen. Dumm nur, dass es tatsächlich Menschen gibt die auf eine Reise gehen und den Akku ihrer Digicam nicht aufladen. Glücklicherweise haben andere da weiter gedacht als ich und somit kann ich euch doch noch mit hinreissenden Bildern beglücken.
Nach der Fähre folgte ein Fußmarsch zum Palast des Königs um dem Wachwechsel beizuwohnen, da aber des Schweden liebster Sport das Warten zu sein scheint, verspätete sich die neue Wachschicht um eine ganze Stunde – was ja bei mind. -80°C überhaupt kein Problem ist, aber doch sehr im Gegensatz zur allgemeinen Pünktlichkeit der Schweden steht. Diese sind so püntklich, da können sogar wir Deutschen noch etwas lernen, an dieser Stelle grüße ich meine Mutter die ganz schwedisch schon immer 5-10 Minuten vor der Zeit an Ort und Stelle ist.
Im Anschluss an den, von einem Spielmannszug untermalten, Wachwechsel nahmen wir an einer Führung durch den Palast teil. Da dieser allerdings als militärisches Sperrgebiet betrachtet wird, sind hier weder Mobiltelefone noch Fotoapparate gestattet. Die prunkvoll gestalteten Räumlichkeiten werden heute noch bei offiziellen Anlässen genutzt und hinterließen einen ehrfürchtigen Eindruck, auch wenn ich ja glaube, dass Schloss Sanssouci das charmantere von beiden ist.
Da man nach soviel Kultur hungrig und durstig ist, kehrte wir ein ein bezauberndes kleines Café in einer engen Seitenstraße ein. In dem vier mal vier Meter großen Raum herrschte eine gemütlich rustikale Atmosphäre, die durch traditionellen herzhaften Quiche, kostenlosen Kaffee und ABBA in der Endlosschleife abgerundet wurde.
Natürlich darf bei einem Hauptstadtbesuch ein kleiner Bummel durch die örtlichen Geschäfte nicht fehlen und so zog einer aus um Winterstiefel zu kaufen...und er kehrte mit zwei Paar hübschen Ausgehschuhen zurück, die man bestimmt irgendwann mal vielleicht braucht. Als wäre das nicht schon genug zweifelhaft unmännliches Verhalten, gab ich dem Verlangen nach die neuen Luxustreter am Abend beim Besuch der ortsansässigen Tanzlokale einzuweihen. Gesagt, getan. Nach 20 Minuten Fußweg fühlte ich mich wie eine der bösen Stiefschwestern von Aschenputtel, ruhke-di-guhh Blut ist im Schuh...Also schnell zurück zum Hostel gehüpft, Schuhe gewechselt und ab auf die Piste. Leider schliessen auch hier die Tanztempel um 02.00 Uhr, es sei denn man findet einen ganz verrückten Schuppen der bis 03.00 Uhr geöffnet hat. Das hat mindestens einen positiven Effekt, man ist früher im Bett und fit für den nächsten Tag.
Am Sonntagmorgen wurden die Zimmer gegen 09.00 Uhr geräumt, wir sind ja auch nicht zum Schlafen gekommen. Bevor der Bus jedoch zurück ins heimelige Växjö rollte, stand noch ein Museumsbesuch im Programmheftchen. Man konnte zwischen dem Vasa-Museum, hier kann man ein sehr altes eindrucksvolles Vikingerschiff bestaunen, und dem Skansen einem Freilichtmuseum. Da das Wetter wie geschaffen für Freiluftaktivitäten war, entschieden wir uns für Skansen.  
Auf einer Anhöhe über der Stadt stehen ungefähr 150 alte Gebäude aus allen Landesteilen Schweden in denen Handwerker wie zum Beispiel Glasbläser, Schmiede und Sattler arbeiten. Es entsteht schnell das Gefühl einer Zeitreise, interessant, lehrreich, familiengerecht. In das Freilichtmuseum ist ein Zoo mit typisch nordischen Tieren eingegliedert, demnach konnten wir Schneeeulen, Elchen, Rentieren und Björns (Bären) bestaunen. Durch die erste Tüte der Saison mit heissen gebrannten Mandeln abgerundet starteten wir fröhlich aber erschöpft Richtung Süden.

Gute Nacht Stockholm du bist auf jeden Fall eine Reise wert, allerdings sind 3 Tage viel zu kurz. Deshalb: „Machs gut, bis zum Frühling!“
 
gehabt euch wohl,
Daniel

 

PS: ich habe dem Fotoalbum auch neue Bilder hinzugefügt